Weiter geht’s – Lockdowns machen auch Platz für Kreativität

Jammern und Lamentieren ist nicht die Lösung. Phasen der Traurigkeit, des Genervtseins habe ich einige hinter mir und natürlich, ich müsste lügen, stehen bestimmt noch einige bevor. Doch muss ich auch gestehen, dass ich selten kreativer gewesen bin. Jenseits der Technik, mit der ich mich wider Willen beschäftigen musste, habe ich vieles gemacht und neue Ideen entwickelt. Ich bin über den Tellerrand und sogar über den Tischrand gesprungen. So geht es vielen Tanz- und Theaterschaffenden derzeit. Bisher war es immer so: Aufführungstermine und Idee für Aufführung standen, dann wurde trainiert, geprobt und gefeilt und dann war die Aufführung bzw. die Aufführzungen Nach der Aufführung ist bekanntlich vor der Aufführung und so weiter und so fort.

Seit zwei Jahren ist das anders. Zunächst war es so: Aufführungstermin und Aufführungsidee standen, es wurde trainiert, geprobt und gefeilt und dann….war NIX. Alles wurde vertagt, verlegt und auf später verschoben und dann…war ggf. kurz was und dann wieder…NIX. Jetzt gibt es Ideen, keine oder wage Aufführungstermine und es wird trainiert, geprobt und gefeilt und ….gewartet.

Wie lange das so weitergeht, weiß niemand. Kann niemand wissen. Viele jedoch sehen in dieser Misere eine Chance. Wie heißt es doch so schön:

„Gibt das Leben Dir Zitronen, mache Limonade draus“

Ich plane nun meine als Weihnachts-Show gedachte Aufführung für den 22. Oktober 2022 und freue mich darauf. Meine Schülerinnen freuen sich auch und diese Freude trägt und über die ganzen Hürden. Wir trainieren fleißig via Zoom „Kammer-Ballett“, „Burlesque Boudoir“ und „Roomable & Zoomabel Modern Dance“ und machen das Beste draus. Natürlich ist es schöner zusammen zu sein und sich als Gruppe zu spüren. Jedoch ist es eine Lösung nichts zu machen? Es ist für mich schön, wenn wir untereinander in Kontakt bleiben und uns gemeinsam als „Spielkarten“ wenigstens, zur Musik bewegen. Ja, es ist traurig, wenn ich sage: „Leider muss ich auf Eure Köpfe verzichten, aber ich muss Eure Körper sehen, damit ich weiß, dass Ihr es richtig macht“, weil die meisten natürlich keine Weitwinkelkamera haben. Das Gesicht ist für das Tanzen auf der Bühne normalerweise wichtig, aber bei Zoom muss ich zumindest achten können, dass sich keiner durch falsche Bewegungen auf Dauer Schmerzen zufügt. Das ist unschön…aber mit einem Lächeln und einem kleinen Witz wird das glücklicherweise verstanden.

Wir haben eine andere Zeit derzeit. Nichts ist mehr leicht und „einfach mal so“. Es ist ein ständiges Abwägen, Abwarten und..ja…ein Umdenken. In komplizierten Kurven, aber es ist auch ein Prozess des Wachsens. Für mich als Trainerin und Choreographin und für meine Schüler und Kunden. Wir sind alle in einem Prozess und ich finde, dass wir das alle bis jetzt gut gemeistert haben. Wir erleben uns als Avatare und wachsen trotzdem menschlich zusammen. Das ist schräg, fürwahr, aber auch schön 🙂 Der Mensch ist ein anpassungsfähiges Wesen und wir wachsen alle an den Situationen und aneinander.

Ich hoffe sehr, dass wir uns ab März/April diesen Jahres wieder als Menschen dreidimensional und im Raum miteinander zur Musik, im Takt unseres Atems und unserer Füße gemeinsam bewegen dürfen. Dass wir auf unsere Show hinstreben können – die wunderbaren Kostüme ausprobieren können und uns als Gruppe spüren können….das hoffe ich und ich freue mich darauf.

Doch bis dahin machen wir weiter – voller Spaß im Moment und voller Vorfreude auf das, was kommt.

Online-Kurse – Fluch & Segen zugleich

Um ehrlich zu sein, hatte ich nie vor Blogbeiträge zu schreiben. Doch hat sich die Tanz- und Yogawelt die letzten zwei Jahre sehr verändert. Online-Kurse, Online-Tutorials und viele Text- und Filmbeiträge im Internet überwiegen derzeit das Bild. Es geht momentan nicht mehr nur um die Praxis, sondern um eine teilweise theoretischer ausgerichtete Beschäftigung mit Bewegung als solche und Tanz und Yoga im Speziellen.

Noch immer bin ich der festen Überzeugung, dass Bewegung in der Bewegung selbst erlebt werden muss. Erfahrungen sammelt man über das Wiederholen von Bewegungen, Bewegungsabläufen oder dem Kreieren von Bewegungen und Bewegungsabläufen. Doch alles muss schnell verstanden und „erledigt“ werden. Die Geduld, sich mit einer Sache intensiv zu beschäftigen, fehlt. Muss fehlen, weil alles so schnelllebig erscheint. Eine Sprache kann man „nachts und in ein paar Stunden Praxis“ lernen. Kochen geht über das Internet – wer kauft und liest Kochbücher außer mir). Die Zeitung wird online gelesen und Geschichte nur noch in Zusammenfassungen gelesen. Abnehmen kann man durch Mittelchen und die Bikini-Figur ist in 10 Wochen intensivem Trainieren von nur 10 Übungen täglich mit einem Daily Fitness-Programm mit Strichmännchen erreicht.

So muss sich dann auch der Tanz und das Yoga der Gegebenheiten der Zeit fügen.

Anfangs war ich traurig, muss ich zugegeben. Inzwischen habe ich ein etwas anderes Bild. Denn so wie ich mich anfangs gegen Online-Unterricht sträubte, so sehr muss ich wider Erwarten zugeben, dass es doch funktioniert. Zumindest was das Erlernen der Technik angeht. Jeder Mensch kann Bewegungen über Online lernen. Allerdings muss man als Online-Lehrer immer sehr genau erklären, nicht nur welche Bewegungen wie auszuführen sind (das müssen wir ohnehin!), sondern wir müssen als Leiter von Online-Kursen sehr darauf achten, dass die Teilnehmer die Bewegung richtig ausführen, um genau das Richtige zu spüren bzw. genau den Sinn (z.B. die richtige Stelle dehnen), respektive genau das Resultat (z.B. Pirouette schaffen / Balance halten) zu erlangen. Da habe ich in den letzten Jahren viel dazu gelernt, wofür ich auch dankbar bin. Auch die Idee meiner Tutorials für Abonnenten ist eigentlich nur aus diesem erzwungenen Grund heraus entstanden,

Ich merke, dass es meinen Teilnehmern auch gefällt, weil sie doch zu festen Zeiten in die Bewegung kommen müssen. Nicht jeder ist dafür gemacht, freiwillig und einfach so feste Trainingstermine mit sich zu vereinbaren. Daher freuen wir, ich als Kurs-Leiter und meine Teilnehmer, auf unser wöchentliches (oder öfter) Wiedersehen als Avatare.

Alle jedoch freuen sich dann immer wieder, wenn wir wieder „in echt“ trainieren können.

Wie gesagt, technisch ist es nicht schlecht, dieses Online-Training. Jeder profitiert ein wenig davon. Und jertzt im Winter muss niemand vor die Tür 🙂 Ok . Aber das gemeinsame Bewegen, die fließende Energie im Raum, die „Schwarm-Intelligenz“ beim Erlernen von Choreographien, das Zusammensein und der „Spaß am Rande der Tanzfläche“, das fehlt. Interessanterweise dauert es zwar ein Weilchen, nach Monatelangem Online-Training, dass die Gruppen wieder als dreidimensionale Wesen und in der Masse miteinander agieren, jedoch weniger lang, als ich befürchtet habe.

Immerhin planen wir zwei Auftritte in diesem Jahr. Den einen schon Ende Mai….da wird es viele extra Trainings geben müssen. Meine Weihnachtsshow habe ich in Abschluss-Show umbenannt und wir werden, trotz ein paar Weihnachtsnummern Ende Oktober auf die Bühne gehen. Nun, Lebkuchen gibt es ab September in den Regalen – dann ist das halt so.

Aber wir brauchen dazu schon „echtes“ Training. Denn Fitness und Technik sind das eine – die Bühne verlangt viel mehr Leben.

Fazit: Es ist gut, dass es die Online-Möglichkeiten zum Training gibt. Es ist eine gute Zwischen-Lösung, wird aber niemals eine Alternative zum miteinander Trainieren sein. Denn wir sind Menschen und Menschen sind soziale Wesen und wir brauchen ein soziales Umfeld.

Ich hoffe sehr, dass nach diesen erneuten Einschränkungen, die wahrscheinlich auch bis in den Februar/ März hineindauern, endlich ab dem Frühlingsanfang alles für lange, lange Zeit (wenn möglich für immer), wieder ein uneingeschränktes „bewegtes“ Miteinander möglich sein wird.